Beim Besuch im Maori-Königreich wird es für die vergleichsweise steifen britischen Royals am Sonntag bunt und schrill: Die neuseeländischen Ureinwohner heißen Prinz Charles und Camilla mit einem traditionellen Salut ihrer Kriegerkanus willkommen.
Dabei sind bullige Maori-Krieger «oben ohne», mit Tätowierung im Gesicht und Federschmuck zu erwarten. Ein Haka, die Begrüßung durch Maori, ist nichts für Zaghafte: da wird meist laut gebrüllt und mit aufgerissenen Augen bedrohlich mit der Zunge gewackelt.
Das kleine Neuseeland schmückt sich gerne mit der exotischen Kultur: keine Touristenveranstaltung ohne ein paar zünftige Maori-Krieger. Doch auf Taka-Tuka-Land-Exotik im Stil von Pippi Langstrumpfs Südseekönig-Vater will sich Maori-König Tuheitia nicht reduzieren lassen. Seine Monarchie sei «keine Karnevalsveranstaltung, die mal eben auf Zuruf aufgelegt wird», beschied er letztes Jahr, als Charles' Sohn William im Lande war. Der wollte dem Maori-König nur 90 Minuten widmen, da winkte Tuheitia (60) verärgert ab. Prinz Charles und Camilla bringen mehr Zeit mit, so ist er jetzt gnädiger gestimmt.
Charles war 1994 schon mal da, da dürfte er sich mit Tuheitia über einige Gemeinsamkeiten ausgetauscht haben: beide Söhne starker Mütter und als Kronprinzen lange in Wartestellung. Tuheitias Mutter Te Arikinui Dame Te Atairangikaahu verschied 2006 nach 40 Jahren auf dem Thron. Er wurde schließlich mit 51 gekrönt. Prinz Charles ist schon 66, seine Mutter Queen Elizabeth seit 62 Jahren auf dem Thron.
Royal geht es an beiden Höfen nicht immer zu. Tuheitia könne deftig fluchen, berichtete eine Aktivistin 2010, als der König vor einem Maori-Rat mal Rechenschaft über seine rasant steigenden Ausgaben ablegen sollte. Im vergangenen Jahr stand sein Sohn Korotangi wegen gestohlener Surfbretter und Trunkenheit am Steuer vor Gericht.
Die Tiefpunkte der britischen Monarchie liegen länger zurück: erst die Scheidung von Prinzessin Anne, dann die unglückliche Ehe von Charles und seiner ersten Frau Diana mit Fremdgehen und Scheidung. Auch Ex-Schwiegertochter «Fergie» sorgte für Schlagzeilen - nicht gerade Stoff, aus dem Prinz- und Prinzessinnenmärchen sind. Heute ist wieder eitel Freude und Sonnenschein am Windsor-Hof.
Unter den rund 600 000 Maori, etwa 15 Prozent der Bevölkerung, brodelt es aber. «Wie viele Peinlichkeiten müssen wir noch ertragen, bevor diese Scheinmonarchie abgeschafft wird?», wetterte der Maori-Aktivist David Rankin. Er spricht von einem Kolonialrelikt, weil die Maori-Monarchie erst im 19. Jahrhundert geschaffen wurde. Die eigentlich verfeindeten Maori-Stämme wählten 1858 einen der Stammesältesten zum König, um den britischen Siedlern auf Augenhöhe Paroli bieten zu können. Trotzdem haben die Siedler wie praktisch überall Kultur und Leben der Ureinwohner fast zerstört.
Neuseeland kultiviert die Maori-Tradition zwar heute. So wird die Sprache gefördert und das Land trägt den Maori-Namen Aotearoa (etwa: lange weiße Wolke) mit Stolz. Demnächst wird über eine neue Nationalflagge abgestimmt und die meisten Designs enthalten das Maori-Symbol des Farns. Dennoch sind die Maori im Hintertreffen: sie haben etwa eine geringere Lebenserwartung und höhere Arbeitslosigkeit als die Nachfahren der Siedler.
Was kann der König ausrichten? Wie in Großbritannien habe sich auch unter Maori die Einstellung zur Erbmonarchie gewandelt, meint Geschichtsprofessor Paul Moon in Auckland. «Man betrachtet das ganze realistischer - oder zynischer», sagt er. Im öffentlichen Leben spielt der Maori-König kaum eine Rolle. Tuheitia ist schwer krank und tritt nur selten in Erscheinung.