Karneval ohne Rosenmontagszug - unvorstellbar? Ja, aber nicht unmöglich. Das Comitee Düsseldorfer Carneval schaut an diesem Wochenende mit Sorgenfalten auf die Wettervorhersage.
Wenn es am Montag tatsächlich in Sturmstärke wehen sollte - dann könnte die ganze Vorbereitung des Höhepunktes der Session für die Katz gewesen sein. Denn dass der Wind die Wagen zerfetzt oder Narren verletzt - dieses Risiko will niemand eingehen.
Sollte der Zug ausfallen - es wäre nicht das erste Mal. Schon vor einem Vierteljahrhundert mussten die närrischen Wagenburgen und Fußtruppen auf ihren großen Auftritt verzichten - in manchen Städten gleich zwei Mal nacheinander. Das Wetter erzwang 1990 eine Absage der Umzüge, ein Jahr später mochte angesichts des Golfkrieges niemand lustig tun.
Orkanartige Böen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometer stoppten den Aufmarsch der Narren fast überall in Nordrhein-Westfalen am 26. Februar 1990. Viele Tausend kostümierte Karnevalisten, die sich trotz peitschender Regen- und Graupelschauer entlang der Zugwege eingefunden hatten, mussten unverrichteter Dinge den Heimweg antreten oder suchten Gaststätten auf. Nur einige unerschrockene Jecken improvisierten private Miniumzüge auf den Straßen. In der Hochburg Köln fand man einen Kompromiss: Die wütendsten Stöße des Orkans «Vivian» wurden abgewartet, dann setzte sich der Zug ohne die ganz großen Mottowagen doch noch in Bewegung.
In Düsseldorf wurde der Rosenmontag damals in den Frühsommer gelegt: Am 18. Mai gab es den heißesten Karneval aller Zeiten. Eine Million Narren machten mit - doch so richtig zündete das alles trotzdem nicht. Das sollte das erste und das letzte Mal gewesen sein, hieß es.
So gab es schon im Jahr darauf keinen Ersatz mehr für den Zug. Der war Anfang Februar 1991 erneut abgesagt worden - diesmal wegen eines weltpolitischen Dramas. «Wir können hier nicht feiern, wenn in der Golfregion Krieg ist» - das sei eine weit verbreitete Meinung gewesen, erinnert sich Alexander von Chiari, der damals Zugleiter in Köln war. «Der öffentliche Druck war groß.»
Kurz vor Rosenmontag hatten sich Karnevalsgesellschaften aus ganz Deutschland in Mainz getroffen, um zu beraten. Toni Oestereich, Präsident des «Kostheimer Carneval Vereins» aus Mainz, war damals mit dabei. Nach kontroversen Diskussionen sei die Entscheidung gefallen, die Züge abzusagen. «Für die moralischen Bedenken hatten wir Verständnis», sagt Oestereich. Dennoch sei die Bestürzung nach der Bekanntgabe der Absage groß gewesen.
Die finanziellen Folgen waren für einige Vereine enorm. Nicht nur die Rosenmontagszüge fielen aus, auch zahlreiche Karnevalssitzungen wurden abgesagt.
Einige Jecken ließen sich die Laune trotz der ausgefallenen Veranstaltungen am Karnevalswochenende nicht verderben. «Die Leute sind einfach auf die Straße gegangen nach dem Motto: «Wir lassen uns unseren Zug nicht nehmen»», berichtet von Chiari. Es habe sogar spontane Konzerte auf Plätzen in Köln gegeben. Die Stimmung sei allerdings schon etwas gedrückt gewesen. «Es war nicht so wie sonst.»