Okay, ich gebe es zu. Am Anfang habe ich die Dinger gehasst. Bei meinem Urlaub auf Ibiza sah ich kaum jemanden, der keine verspiegelte Sonnenbrille trug. Selbst die Strandverkäufer mit ihren gefälschten Designer-Gestellen hatten nur noch Gläser mit dem Spiegel im Angebot. Nervig. Denn will man sich immer selbst sehen, während man sich mit anderen unterhält? Nein. Und flirten, das geht mit den Dingern schon gar nicht. Spiegelsonnenbrillen sind wie Tinder ohne Fotos: sinnlos. Dachte ich.
fhoneVerspiegelte Sonnenbrillen sind DAS Accessoire im Sommer 2015. Cristiano Ronaldo trägt eine, Sylvie Meis hat sie auf der Nase und selbst Jogi Löw, sonst nicht bekannt für modische Extravaganzen, setzt auf Spiegelgläser. Bunt müssen sie sein - am besten blau, gelb oder gar lila. Auch die Fassungen dürfen knallig sein. Entweder in einer Kontrastfarbe oder ganz trendy in Transparent. Denn bei der Spiegelsonnenbrille gilt: Auffallen um jeden Preis und in ist, wer eine auf der Nase hat.
Die Zeiten, in denen nur der dicke Bademeister mit den Adiletten und der viel zu engen weißen Shorts eine Spiegelsonnenbrille trägt, sind vorbei. Das musste ich auch auf Ibiza schnell einsehen. Egal ob blonde Skandinavier, durchtrainierte Spanier oder gestylte Franzosen: Es spiegelte und glitzerte. Da konnte ich mit meiner zwei Jahre alten Polo-Ralph-Lauren-Sonnenbrille nicht mehr mithalten.
Derart unter Druck gesetzt, war es dann an einem Dienstagabend gegen 23 Uhr soweit. Ich schlenderte durch die Altstadt von Ibiza-Stadt und blieb schließlich an der Auslage eines Sonnenbrillengeschäftes hängen. Und das hatte - viva España - um diese Zeit noch geöffnet. Das passende Modell war auch schnell gefunden. Ich schwankte zwischen einer Ray Ban im Wayfarer-Stil mit transparenter Fassung und blau verspiegelten Gläsern und einer sportlichen Carrera mit anthrazitfarbenem Gestell, gelben Bügeln und gelben Gläsern. Die Carrera machte schließlich das Rennen. Einhellig Meinung meiner Freunde: very fancy.
_DSC0032Am Tag danach war es dann mit den verspiegelten Gläsern am Strand auch gar nicht mehr so schlimm. Das Beste: Man kann Leute beobachten, ohne dass die es merken. Herrlich. Und an der Strandbar und auf der Sonnenliege spiegelte ich einfach zurück. Der passende Song war auch bald gefunden: "I wear my sunglasses at night."