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Promi-Geburtstag vom 8. Mai 2016: Rocko Schamoni

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Der Mann, der sich Rocko Schamoni nennt, scheint seit jeher für jeden Quatsch zu haben zu sein.

Ob einst als Fun-Punker bei den Toten Hosen und den Goldenen Zitronen, als Mitglied der psychedelischen Humorvereinigung Studio Braun oder als Schützenkönig in der Heinz-Strunk-Verfilmung «Fleisch ist mein Gemüse» (2008).

Sein autobiografischer Bestseller «Dorfpunks» (2004) feierte als Musical im Deutschen Schauspielhaus Hamburg Erfolge. Er war Mitbetreiber des jüngst abgebrannten «Golden Pudel Clubs» in der Hansestadt. Stets bekam der Lehrersohn Tobias Albrecht aus Lütjenburg an der Ostsee nicht nur im Norden der Republik den Beifall meist jugendlicher Fans für seinen Sinn für krachend abgründige Absurditäten.

Am Sonntag (8. Mai) wird der schräge Kult-Vogel 50 Jahre alt. Und findet das gar nicht komisch. «Jetzt bin ich an dem Punkt, an dem der Rückbau des Körpers definitiv begonnen hat. Das muss ich schmerzlich durch den Verlust der Sehkraft, verkürzte Sehnen und Bänder und morsche Gelenke feststellen», verkündet Schamoni im Künstlerzimmer von Alma Hoppes Lustspielhaus in Hamburg im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Und resümiert mit noch immer jungenhaftem Gesicht: «Altern ist freudlos. Ich find’ es nicht gut. Und der Tod ist eine Zumutung. Man sollte ihn abschaffen.»

Derlei Melancholie sei für ihn jedoch nicht neu. «Ich habe zeit meines Lebens zurückgeblickt - aber nicht in dem Sinne, dass ich mich nach etwas zurücksehne», sagt der Pop-Künstler mit dem Underground-Image, «deshalb befinde ich mich, seit ich denken kann, in permanenter Midlife-Crisis».

Im voll besetzten Lustspielhaus wird er gleich im Duo mit seinem Kollegen Tex Matthias Strzoda einen launig-unterhaltsamen Auftritt mit alten und neuen «Songs & Stories» hinlegen - und gefeiert werden. Station einer nie endenden gleichnamigen Tournee, die Schamoni (Text und Gitarre) und Strzoda (Gitarre und Schlagzeug) bei freien Kapazitäten immer mal wieder einschieben. Vorher ist er noch zu weiteren Auskünften über Wohl und Weh seines Werdegangs bereit. Und da gab und gibt es in der Tat Krisenphänomene - im Privaten ebenso wie im Weltbild.

Aufgewachsen in der Provinz, habe er in der Schule «maximal versagt», erzählt Schamoni in sachlichem Ton. So sei er beim Jugendaufbauwerk der Heilsarmee in Plön gelandet und habe auf Drängen seiner Eltern - «Dorfpunks»-Kenner wissen es - eine Töpferlehre gemacht. Rettungsanker in all der Tristesse wurde die Musik. In seinen Worten hört sich das so an: «Wie alle Landjungs hab’ ich irgendwann "Smoke On The Water" auf der E-Gitarre gespielt. Das war cool und die Mädchen fanden das gut. Also hab’ ich angefangen, Gitarre richtig zu lernen. Und habe gemerkt, die Effekte sind stark beim weiblichen Geschlecht.»

Mit 16 Jahren beschloss er, Musiker zu werden. «Die Musik ist das Beste, was ich auf der Welt kennengelernt habe. Ich habe ihr viel zu verdanken. Die Liebe und die Musik sind die beiden Stränge, die mein Leben und meine Seele komplett durchdringen», schwärmt der Norddeutsche hier nun ganz uncool. Und das alles trotz - oder wegen - seiner Veranlagung zum Unglücklichsein. «Depressionen sind meine Lebensbegleitung. In meiner Familie gibt es da eine gewisse Tradition, ich habe die Staffel übernommen», erklärt er, «und ich werde sie nicht mehr los.»

Das Gute daran: Das gefühlte Unglück geriet ihm zum Auslöser für seine Kreativität. «Deswegen habe ich gegen meine Depression auch gar nicht mehr richtig was einzuwenden», wägt Schamoni ab. Nächstes Kunst-Produkt wird im Spätsommer das mit dem österreichischen TV-Moderator Christoph Grissemann verfasste SMS-Buch «Ich will nicht schuld sein an deinem Niedergang» (Piper-Verlag). «Es geht darin vornehmlich um Beschimpfungen und Erniedrigungen», verrät der Autor.

Kann man mit 50 denn allen Ernstes noch Fun-Punker und ewiger Faxenmacher sein? Dafür holt der Vater einer Tochter, der von sich sagt, «ich pflege ein unverzeihendes Denken», gedanklich aus: «Als Fun-Punker haben wir mit den Toten Hosen und den Goldenen Zitronen gezeigt, dass man eine politische Grundeinstellung und trotzdem Spaß haben kann.»

Damals, in den 80ern und 90ern, habe er sich als Anarchist gesehen. «Und davon ist etwas übrig geblieben», sagt Schamoni, der auch schon 2012 im Rahmen einer Schmuckkollektion Gold in Exkremente verwandelt hat («Scheiße by Schamoni»). Im Anarchismus stecke die sehr konstruktive Idee eines Miteinanders ohne Herrschaft. Und er wäre nicht Schamoni, hätte er dazu nicht den passenden Spruch parat. «Einer hat mal gesagt: Die Welt ist schlecht, das Leben ist schön - was gibt’s daran nicht zu verstehen?», raunt der Entertainer und entschwindet auf die Bühne. 


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