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Promi-Geburtstag vom 18. Februar 2016: Toni Morrison

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Die Mission von Toni Morrison ist noch lange nicht erfüllt. «Die Menschen sagen ständig: 'Wir müssen eine Diskussion über Rassismus führen.' Aber das machen wir doch», sagte die US-Schriftstellerin jüngst dem britischen «Telegraph».

«Ich will sehen, wie ein schwarzer Polizist einen unbewaffneten weißen Teenager in den Rücken schießt. Und ich will sehen, wie ein weißer Mann verurteilt wird, der eine schwarze Frau vergewaltigt hat. Und wenn man mich dann fragt: 'Ist es vorbei?', dann sage ich: 'Ja'.»

Nach den Schlagzeilen über brutale Polizeigewalt gegen Schwarze wie Freddie Gray in Baltimore oder Eric Garner in New York klingen Morrisons drastische Mahnungen dringlicher denn je, aber die wortgewaltige Autorin klagt schon seit Jahrzehnten den Rassismus in ihrem Land an. 1993 brachte ihr das den Literaturnobelpreis ein - als erster Afroamerikanerin überhaupt. Seitdem hat kein US-Amerikaner den Preis mehr bekommen.

Morrison gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen der Welt und als das «Gewissen Amerikas», ihre Werke haben sich weltweit millionenfach verkauft. Heute wird die Autorin 85 Jahre alt - und schreibt weiter so politisch wie eh und je.

Im vergangenen Jahr erst wurde ihr jüngster Roman «God Help the Child» in den USA gefeiert, und sie arbeitet trotz gesundheitlicher Probleme, die sie in den Rollstuhl gezwungen haben, schon wieder am nächsten. «Beim Schreiben bin ich frei von Schmerzen», sagte die große selbstbewusste Frau mit den dichten grauen Haaren dem Radiosender NPR. «Das ist der Ort, an dem ich lebe, an dem ich die Kontrolle habe, wo niemand mir sagt, was ich machen soll, wo meine Kreativität fruchtbar ist und ich am allerbesten bin.» Ihre Schreibweise vergleicht sie gerne mit der Kunst eines Gourmetkochs. «Ich schreibe so, dass der Leser meine Worte lustvoll genießen kann, kostet, dann pausiert und schließlich weiter schwelgt.»

Alles begann 1970 mit «Sehr blaue Augen», dem Buch, das sie immer habe lesen wollen, das es aber noch nicht gab, wie Morrison gerne erzählt. Also stand die geschiedene alleinerziehende Mutter zweier kleiner Söhne jeden Morgen um vier Uhr auf und schrieb es. Danach ging sie zu ihrem Job als Lektorin in einem großen Verlagshaus. «Sehr blaue Augen» wurde ein von Kritikern gefeierter Erfolg. Es folgten weitere Erfolgsromane wie «Sula», «Salomons Lied», «Teerbaby», der Sklavenroman «Menschenkind», «Jazz» und das 500-Seiten-Werk «Paradies», das viele Kritiker als Morrisons bestes ansehen.

Nebenbei lehrte die 1931 in der Kleinstadt Lorain im US-Bundesstaat Ohio als Chloe Wofford geborene Autorin jahrelang an der Eliteuniversität Princeton kreatives Schreiben. Inzwischen hat sich Morrison aber ein wenig zurückgezogen, vor allem wegen ihrer nachlassenden Gesundheit. 2010 starb einer ihrer beiden Söhne an Krebs, mit dem Schicksalsschlag kämpft Morrison bis heute. «So etwas kann man nicht hinter sich bringen. Nicht mit einem Kind. Ein Kind soll einen begraben. Ich denke die ganze Zeit an ihn.»

Eigentlich hatte sie ihrem Verlag noch eine Autobiografie versprochen, doch dann entschied sich die enge Freundin von US-Präsident Barack Obama dagegen. Zu langweilig, zu wenig herausfordernd - und schließlich, so sagte sie jüngst in einem Interview, dürfe sie jetzt in ihren 80ern endlich drei Dinge sagen: «Nein», «Halt die Klappe» und «Hau ab».


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