Quantcast
Channel: STERN.DE RSS-Feed Lifestyle - die neusten Meldungen zum Thema Lifestyle
Viewing all articles
Browse latest Browse all 24207

Penélope Cruz im Porträt: Ein wildes Kind

$
0
0

Jetzt also doch: ein Treffen mit Penélope Cruz. Man habe schon mal auf sie gewartet, erzählt man ihr. Vor vielen Jahren in Paris, in einem Park, wo sie einen Film drehte. Aber in der Nacht kam die Nachricht, dass sie und ihr damaliger Freund, der etwas unheimliche Tom Cruise, sich getrennt hätten. Am Morgen hieß es dann, sie habe sich eingeschlossen, wolle mit niemandem sprechen. Und vor drei Monaten sei man schon fast auf dem Weg nach Madrid gewesen, als ein Anruf kam, nein, sie werde nicht reden. Es ist nicht ganz leicht, sich mit Penélope Cruz zu verabreden.
Sie sitzt da, lächelt und sagt listig: "War das so? Niemand hat mir gesagt, dass Sie da sind."

ZoolanderSchöner Satz, bestimmt geflunkert, aber egal. Es gibt viele Gründe, warum Penélope Cruz so scheu mit der Öffentlichkeit umgeht. Die paar Fragen über die Filme, in denen sie spielt, wären schnell beantwortet. So wie auf der Pressekonferenz an diesem Tag in Berlin, auf der sie versucht hat, dem vollständig irren und manchmal wirren Fashion-Spektakel "Zoolander 2" von und mit Ben Stiller Sinn zu verleihen. Cruz weiß, dass die Journalisten jetzt an ihr herumzupfen und -zerren werden, an ihr, der vielleicht letzten Erscheinung von Schönheit und Geheimnis, die das Kino noch hat. Dieser Frau, von der der Regisseur Cameron Crowe einmal sagte, sie habe drei Viertel Süße und ein Viertel Härte. Ohne Cruz wären viele Filme des Spaniers Pedro Almodóvar ("Volver") nur die Hälfte wert. Und in Woody Allens "Vicky Christina Barcelona" führte sie vor, warum Männer im Kino den Verstand verlieren können.
Zoolander Premiere 11.19Penélope Cruz löst, was auch immer sie spielt, viel mehr aus als nur einen Film. Bei dem Gag-Feuerwerk "Zoolander 2" rasen die Bilder über die Leinwand, aber immer, wenn ihr Gesicht groß erscheint, möchte man den Pause-Knopf drücken und verharren. So wie in einem Museum vor einem großen Kunstwerk.

Die Gerüchte über ihr Leben sind bunt

Cruz tut nicht viel dafür, sie ist einfach nur Penélope Cruz, und deshalb ist ihr das Gezupfe an ihrem Leben lästig. Die obligatorischen Frauenzeitschriften-Fragen, wie sie sich schlank hält und was sie über Schönheits-OPs denkt, kann sie routiniert abhaken. Natürlich würde der Boulevard auch gern wissen, wie sie ­damals ausgerechnet in die Arme des Lebensverhafters Tom Cruise geraten konnte und wie sie aus den Fängen wieder entfloh. Und ob sie wirklich eine Affäre mit dem anderen ­Irren, Nicolas Cage, hatte. Und mit dem und dem, die Gerüchte über ihr Leben sind bunt. Aber dazu schweigt sie. Sagt einfach nichts. Sagt nur, dass sie mit Javier Bardem, dem spanischen Schauspielfels, verheiratet ist, in Spanien lebt und einen fünfjäh­rigen Sohn und eine zwei­jährige Tochter hat. Sie kennt Bardem schon lange, er war ein Freund aus ihrer ­Jugend, als sie zusammen ihre ersten Filme drehten. "Lust auf Fleisch" zum Beispiel, ein Skandalfilm mit einer oft nackten Cruz und einem Bardem, der vor einem Stierkampf erst seinen Penis in Stellung bringt. Es war die Zeit der wilden Kinder.
Ob sie manchmal noch in Alcobendas sei, diesem damaligen Arbeitervorort von Madrid gleich neben dem Flughafen, wo sie geboren wurde? "Ja, manchmal schon, es war meine Lebens- und auch Schauspielschule." Aber nicht die etwas tristen Wohnblockstraßen, die engen Gassen, die Wäscheleinen über den Straßen, nein, es war der Friseursalon, in dem ihre Mutter arbeitete. "Ich bin da immer hingegangen und habe meiner Mutter bei der Arbeit zugesehen. Es war ein Ort, wo sich die Frauen verwandeln oder verstecken wollten. Frisuren waren für sie ein Weg, andere Menschen zu werden. Das habe ich immer beobachtet. Und ich habe zugehört."

Ihre Mutter habe nicht nur die Haare gemacht, sie sei die Therapeutin des Viertels gewesen: "Ihr erzählten sie alles. Über ihre Männer, ihre Lieben, ihre Körper. Ich habe das alles aufgesogen und sie beobachtet, das war die wichtigste Schule." Stimmt es denn, dass ihr Name von dem spanischen Schlager "Penélope" von Joan Manuel Serrat komme, der damals überall gespielt ­wurde? "Ja, aber es ist kein Schlager, es ist ein sehr schönes Lied", sagt sie, das hätten sich ihr Vater, ein Automechaniker, und ihre Mutter schon gut überlegt. Sie will das jetzt noch weitererzählen, das mit dem Friseursalon. "Ich habe eben gelernt zu beobachten. Es ist für eine Schauspielerin das Wichtigste zu beobachten." Die Erkenntnis verdanke sie dem indischen Philosophen Krishnamurti. "Es ist der Unterschied ­zwischen beobachten und beobachtet werden. Wir alle sind gleichzeitig Beobachter von uns selbst. Und es ist die Differenz zwischen diesen Beobachtungen, die uns antreibt, verstehen Sie? Wenn wir aufhören, auf uns selbst zu achten, hören wir auf, uns zu entwickeln." Philosophie mit Penélope Cruz, Dienstagnachmittag auf einer Couch in Berlin.

Das schöne Gesicht und diese Abgründe – es passte

Sie spricht sehr schnell und hat mit 41 immer noch eine Mädchenstimme, englisch mit spanischem Akzent. Die Klangfarbe ist meist weich; man hört, dass sie jederzeit auf scharf umstellen könnte. Sie sucht nie nach Worten, was sie sagt, ist überlegt. Nur ihr schwarzer Hosenanzug, ihre sehr dunklen Haare und ihr dunkles Augen-Make-up irritieren; der einzige helle Fleck an ihr ist das Gesicht. Ihr Körper und ihr Aussehen sollen keine Rolle spielen, lässt sie ihre Kleider sagen.
Als sie 1974 geboren wurde, näherte sich die Franco-Diktatur ihrem Ende. Im Jahr darauf starb der letzte blutige Diktator Westeuropas, und Spanien wachte in einer blütenjungen neuen Freiheit auf. Die Menschen rieben sich die Augen und mussten lernen, was Freiheit ist. Zu sagen, was man denkt. Zu zeigen, was man will. Cruz war ein Kind dieser Zeit und dieses Lebensgefühls. Alles ging, nichts war verboten, nichts undenkbar. Als Teenager fing sie an, Filme zu schauen. Es gab in Alcobendas kein Kino, aber ihr Vater hatte später einen Videorekorder. Sie schaute viel, meist spanische Filme, in denen sich ein Land von sich selbst erzählte. "Und dann sah ich einen Film von Pedro Almodóvar, der war nicht nur Regisseur, sondern einer, der Politik und Kunst zu Filmen machte. Es war berauschend, ich wollte dabei sein."

Almodóvar war ein junger Wilder im Kulturkampf, die vertrocknete Moral der Franco-Jahre sollte endgültig über den Haufen geworfen werden. Mit lauten und bunten Filmen, mit unverschämten Geschichten und Nacktszenen, weil nackt zu sein auch Freiheit war. In diesen Sog und dieses Fest geriet die junge Penélope. "Schauspiel bedeutete, die Freiheit zu haben, sich in alle Ebenen der menschlichen Natur zu begeben, darin zu spielen und sie zu erforschen." Das sei wie in einem Urwald herumzulaufen und zu staunen. In einem Almodóvar-Film spielte Cruz eine schwangere Prostituierte und danach, in "Alles über meine Mutter", eine – Achtung – an Aids erkrankte Nonne, die von einem Transvestiten geschwängert wurde.

Das schöne Gesicht und diese Abgründe – es passte, es war Schauspiel. Penélope spielte einfach so, wie sie war. Andere hätten sich mit Make-up verhässlicht, sich Narben aufgeklebt, wären vielleicht dick geworden. Method-Acting eben – werde ein Arschloch, bevor du eines spielst. Cruz macht so etwas nicht. Und hier kommt man der scheuen Frau ein wenig ­näher: Viele sahen in ihr die schöne spanische Blüte, die das Unkraut spielte. Sie spielte so, dass Blüte und Unkraut eins wurden. Das verstand nicht jeder.

Alomodóvar rief an und sagte: "Komm nach Hause"

Die meisten Regisseure und Produzenten schauten nur auf die Blüte. Sie war 25 und hatte um die 30 Filme in Europa gedreht, und sie dachte, Hollywood sei der Urwald, in dem es noch mehr zu entdecken gebe. Aber Hollywood wollte keine Entdeckerin, sondern das spanische Reh. Sie drehte mit Matt Damon, mit Johnny Depp und eben mit Tom Cruise, in den sie sich, na ja, verliebte. Es waren gute und halb gute Filme, aber es war kein einziger echter Penélope-Film dabei, kein Blüte-und-Unkraut-Film.
Zoolander Foto"Es ist schwer, eine Karriere zu machen, wenn dich alle Welt nur für schön hält, du aber ernsthaft sein willst. Niemand nimmt dich ernst, wenn alle denken, du bist nur eine Pretty Woman", sagt sie. Es war erneut Pedro Almodóvar, der das im Kino sah, "Sahara" und solchen Quatsch, und der sie anrief: "Komm nach Hause." Cruz kam. Das rettete sie. Passend dazu brummt jetzt ihr Smartphone, sie schaut kurz hin und lächelt. "Das ist Pedro, ich liebe ihn." Fragt man sie, ob sie den Hollywood-Klamauk "Zoolander 2" gedreht hat, weil Ben Stiller zwar ein Hollywood-Kopf, aber wenigstens ein irrer Hollywood-Kopf sei, lächelt sie diplomatisch. "Ich unterscheide nicht zwischen Amerika und Eu­ropa. Ich unterscheide zwischen ­Regisseuren." Ihre Augen sehen aus, als könnten sie töten.
An diesem Tag in Berlin saß sie auch zusammen mit Ben Stiller, Owen Wilson und Will Ferrell, eine Hollywood-Gang aus "Zoolander 2", Cruz die einzige Frau, die Einzige aus einer anderen Sorte Kino. Bei der Pressekonferenz hat jemand gefragt, warum sie sich für „Zoo­lander“ entschieden habe, und Cruz erzählt, dass sie in einem Supermarkt Windeln einkaufte, als Stiller sie ­anrief und sie anbettelte. Nettes Lächeln im Publikum. Ben Stiller dann: "Ich hatte mir eine Windel ange­zogen, um Penélope anzurufen." Großes Gelächter, alle biegen sich. Nur Penélope Cruz nicht.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 24207


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>